Welche Positionen haben die Nationalratskandidierenden betreffend Gleichstellung? Und beantworten die Kandidaten und Kandidatinnen diese Fragen auf die gleiche Weise?
Nach der massiven Mobilisierung der Bevölkerung zum Thema Gleichstellung am 14. Juni interessierten wir uns für die smartvote-Antworten der Kandidierenden. Denn im smartvote-Fragebogen für die eidgenössischen Wahlen vom 20. Oktober stehen gleich mehrere Fragen zur Gleichstellung der Geschlechter:
- Befürworten Sie eine strengere Kontrolle der Lohngleichheit von Frauen und Männern?
- Eine Initiative fordert einen bezahlten Vaterschaftsurlaub von vier Wochen. Befürworten Sie dieses Anliegen?
- Soll der Staat die Schaffung von familienergänzenden Betreuungsstrukturen finanziell stärker unterstützen?
- Sollen gleichgeschlechtliche Paare in allen Bereichen die gleichen Rechte wie heterosexuelle Paare haben?
- Befürworten Sie eine Erhöhung des Rentenalters (z.B. auf 67 Jahre)?
Wir haben unsere Analyse in zwei Schritten durchgeführt[1]. Zuerst haben wir die Positionen der Parteien auf Schweizer Ebene untersucht. In einem zweiten Schritt haben wir dann die Unterschiede bei der Positionierung der Kandidaten dieser Parteien nach ihrem Geschlecht analysiert.
Die Parteipositionen
Zunächst einmal ist festzustellen, dass eine grosse Mehrheit der analysierten Parteien für eine strengere Kontrolle der Lohngleichheit, einen vierwöchigen bezahlten Vaterschaftsurlaub, eine verstärkte staatliche Unterstützung für familienergänzende Betreuungsstrukturen und für die Gleichstellung homosexueller und heterosexueller Paare in allen Bereichen ist.
Hingegen spaltet die Frage der Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre die Parteien stark. Die Kandidierenden der FDP, glp, BDP und SVP befürworten eine Erhöhung des Rentenalters. Die Kandidierenden der McG, SP, Grüne und CVP sind gegen eine Erhöhung.
Die folgenden Grafiken zeigen die durchschnittliche Zustimmung der Kandidierenden zum Thema Gleichstellung.
Befürworten Sie eine strengere Kontrolle der Lohngleichheit von Frauen und Männern?
Soll der Staat die Schaffung von familienergänzenden Betreuungsstrukturen finanziell stärker unterstützen?
Befürworten Sie eine Erhöhung des Rentenalters (z.B. auf 67 Jahre)?
Eine Initiative fordert einen bezahlten Vaterschaftsurlaub von vier Wochen. Befürworten Sie dieses Anliegen?
Sollen gleichgeschlechtliche Paare in allen Bereichen die gleichen Rechte wie heterosexuelle Paare haben?
Die SVP unterscheidet sich von den anderen Parteien in den ersten vier Fragen. Sie lehnt all diese Vorschläge für Massnahmen zur Stärkung der Gleichstellung ab und lehnt auch die Gleichstellung homosexueller und heterosexueller Paare ab.
Die FDP ist gegen eine strengere Kontrolle der Lohngleichheit von Frauen und Männern (35% Zustimmung) und lehnt einen vierwöchigen Vaterschaftsurlaub (31% Zustimmung) noch stärker ab. Andererseits befürwortet die Mehrheit der FDP-Kandidierenden die finanzielle Unterstützung von familienergänzenden Betreuungsstrukturen (54% Zustimmung) und ist der Ansicht, dass homosexuelle und heterosexuelle Paare die gleichen Rechte geniessen sollten (93% Zustimmung).
Die Positionen innerhalb der Parteien
In einem zweiten Schritt analysierten wir die Antworten der Kandidierenden nach ihrem Geschlecht.
Die Frage nach einer strengeren Kontrolle der Lohngleichheit von Frauen und Männern spaltet die Kandidierenden in mehreren Parteien. Im Allgemeinen sind Frauen eher für strengere Lohnkontrollen als Männer, auch innerhalb der Parteien, die im gesamten Durchschnitt dagegen sind. Am deutlichsten ist der Unterschied jedoch bei der McG, wobei alle McG-Kandidatinnen für eine Verschärfung der Kontrollen sind. Bei den McG-Kandidaten hingegen sind es „lediglich“ 75% (Differenz von 25%).
Die folgenden Grafiken zeigen die durchschnittliche Zustimmung der Kandidierenden nach Geschlecht.
Befürworten Sie eine strengere Kontrolle der Lohngleichheit von Frauen und Männern?
Soll der Staat die Schaffung von familienergänzenden Betreuungsstrukturen finanziell stärker unterstützen?
Befürworten Sie eine Erhöhung des Rentenalters (z.B. auf 67 Jahre)?
Eine Initiative fordert einen bezahlten Vaterschaftsurlaub von vier Wochen. Befürworten Sie dieses Anliegen?
Sollen gleichgeschlechtliche Paare in allen Bereichen die gleichen Rechte wie heterosexuelle Paare haben?
Im Allgemeinen können wir auch innerhalb der McG einen grossen Unterschied zwischen Männern und Frauen bei den Antworten auf die Fragen zur Gleichstellung beobachten. Tatsächlich befürworten alle McG-Kandidaten die Einführung eines vierwöchigen Vaterschaftsurlaubs, während sich nur 33% der McG-Kandidatinnen dafür aussprechen, was einer Differenz von 67% entspricht. Solche Unterschiede innerhalb der McG treten bei allen analysierten Fragen auf, mit Ausnahme der Erhöhung des Rentenalters, dem sich alle McG-Kandidierende widersetzen (0% Zustimmung). Dieser starke Kontrast innerhalb der McG lässt sich jedoch durch die geringe Anzahl von Kandidierenden (6 Männer und 3 Frauen) erklären.
Des Weiteren ist interessant, dass die SVP im Durchschnitt die Frage betreffend der gleichen Rechte für gleichgeschlechtliche Paare zwar ablehnt, die SVP-Kandidatinnen hingegen dafür sind (57% Zustimmung).
Bilanz
Abschliessend haben wir festgestellt, dass die meisten Parteien die Massnahmen zur Stärkung der Gleichstellung im smartvote-Fragebogen unterstützen. Die Frage zur Erhöhung des Rentenalters spaltet jedoch die Parteien. Darüber hinaus gibt es Unterschiede zwischen den Positionen der Kandidaten und Kandidatinnen bei der Frage zur verstärkten Lohnkontrolle, wobei die Frauen im Vergleich zu den Männern klar dafür sind. Was die anderen Fragen zum Thema Gleichstellung betrifft, so gibt es keinen eindeutigen Trend zwischen den Positionen von Männern und Frauen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass innerhalb einiger Parteien, wie gerade der McG, die Unterschiede bei der Position zwischen Männern und Frauen erheblich grösser sind als in anderen.
Um diese Analyse zu verfeinern, könnte es interessant sein, die Unterschiede zwischen Männern und Frauen über den gesamten Fragebogen zu vergleichen. Auch andere Parameter wie Alter oder Beruf könnten in einer zukünftigen Analyse untersucht werden.
[1]Methodik: Die Kandidaten hatten vier Antwortmöglichkeiten: «Ja», «Eher ja», «Eher nein» und «Nein». Die Antworten «Eher ja» und «Eher nein» wurden in «Ja» bzw. «Nein» umcodiert. Die Anzahl der Kandidaten pro Gruppe ist über diesen Link verfügbar.