Ein Analysewunsch wird von den smartvote-Nutzer/innen besonders oft geäussert: Wir sollen die smartvote-Antworten der gewählten Parlamentarier/innen mit dem tatsächlichen Stimmverhalten im Parlament vergleichen. Was bedeuten solchen Analysen?

Tatsächlich haben wir Auswertungen dieser Art bereits mehrfach vorgenommen. Erstmals im Rahmen einer wissenschaftlichen Publikation[1], welche auch in der Presse Widerhall fand. Ein erstes Update für «20 Minuten» folgte Anfang 2013.

Durchschnittlich in rund 80 Prozent der Fälle stimmt das Stimmverhalten im Parlament mit den smartvote-Antworten überein.

Alle Auswertungen kamen zu sehr ähnlichen Resultaten: Durchschnittlich in rund 80 Prozent der Fälle stimmt das Stimmverhalten im Parlament mit den smartvote-Antworten überein. Selbstverständlich sind Unterschiede zwischen einzelnen Parlamentsmitgliedern festzustellen. Es kommt beispielsweise darauf an, welcher Partei man angehört und ob man als Neuling ins Parlament eingezogen ist. Neu gewählte Parlamentarier/innen und solche, welche vor der Wahl für ihre Partei eher unübliche Antworten gegeben haben, müssen nach der Wahl ihre Positionen häufiger der Fraktionsmehrheit anpassen. Zudem sind die Parteien aus dem politischen Zentrum häufig kompromissbereiter als diejenigen an den Polen.

Diese Resultate wurden in den Medien sehr unterschiedlich dargestellt und interpretiert. Insbesondere  der „20 Minuten“-Beitrag von 2013 hat viel Staub aufgewirbelt, da er zwischen „ehrlichen“ und „unehrlichen“ Politiker/innen unterschieden hat. Auf die damalige Titelgebung hatten wir keinen Einfluss. Immerhin konnten wir unsere Sichtweise in einem nachträglichen Interview klar machen.

Diejenigen Parlamentarier/innen, welche am Ende rangieren, sind nicht per se schlechtere Politiker/innen als diejenigen zuoberst auf der Liste.

Mit «Ehrlichkeit» oder «Unehrlichkeit» im Sinne von Wahrheit und Lüge hat die Analyse nämlich kaum etwas zu tun. Diejenigen Parlamentarier/innen, welche am Ende rangieren, sind nicht per se schlechtere Politiker/innen als diejenigen zuoberst auf der Liste.

Folgende Punkte sind uns wichtig, wenn es um den Vergleich von smartvote-Antworten mit dem parlamentarischen Stimmverhalten geht:

  • Solche Auswertungen ziehen lediglich eine beschränkte thematische Auswahl in Betracht und nicht alle 75 Fragen des Fragebogens. Aufgrund der eher geringen Zahl von Abstimmungen dürfen die Ergebnisse nicht überbewertet werden.
  • Das allgemeine Übereinstimmungs-Niveau ist relativ hoch. Viele der Parlamentarier/innen selbst auf den hinteren Rängen haben eine geringe Zahl wirklich grosse Abweichungen zu verzeichnen, was uns alles andere als dramatisch erscheint.
  • Die Parlamentarier/innen können meist gute Gründe für die Abweichungen nennen. Manchmal wechseln Politiker/innen aus Loyalität zur eigenen Partei die Meinung (einheitliche Parteilinie), manchmal verzichten sie im Sinne einer lösungsorientierten, weniger ideologisch geprägten Politik auf die Durchsetzung ihrer Maximalforderungen. Das sind wichtige Qualitäten von Politiker/innen (und von Menschen ganz generell).
  • Antworten bei smartvote stellen nur Momentaufnahmen dar. Politiker/innen wie wir alle sind nicht unabhängig von sich ändernden Umständen. Man lernt neue Fakten kennen und verändert mit der Zeit seinen Blickwinkel. Dies kann zu Meinungsänderungen führen und ist — wenn schlüssige Gründe vorliegen — auch nicht verwerflich.
  • Weiter hinten rangierte Nationalratsmitglieder stammen zudem häufig aus Parteien mit Kandidierenden, deren Interessen und Themenschwerpunkte eher breit gestreut sind. In diesen Fällen sind nach der Wahl auch häufigere Meinungsumschwünge im Parlament zu erwarten, wenn es in der Diskussion im Fraktionsrahmen darum geht, gegen aussen ein einigermassen geeintes Bild zu vermitteln.

Dennoch sollte ein Entscheid, ob ein gewähltes Parlamentsmitglied den Job gut oder schlecht macht, keinesfalls allein auf Grund der Platzierung in diesem Vergleich gefällt werden.

Die Überprüfung von Wahlversprechen ist eine wichtige Information für die Wähler/innen. Dennoch sollte ein Entscheid, ob ein gewähltes Parlamentsmitglied den Job gut oder schlecht macht, keinesfalls allein auf Grund der Platzierung in diesem Vergleich gefällt werden. Grundsätzlich erachten wir — auch auf Grund der Auswertung — unsere Politiker/innen als sehr vertrauenswürdig.


[1]     Schwarz, Daniel, Lisa Schädel und Andreas Ladner (2010): Pre-Election Positions and Voting Behaviour in Parliament: Consistency among Swiss MPs. Schweizerische Zeitschrift für Politikwissenschaft (SPSR) 16(3): 533-564.


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